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Unsere Daten, kein Entgelt?

Sind Endverbraucherdaten "klassisches" Entgelt?
18. Januar 2018

ISSN 2699-8084

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Wissenschaftlicher Artikel
Steuerrecht
Lesezeit 3 Min.
Prof. Dr. Falko Tappen | Karina Geissler | Meike Kirst
Autor: Prof. Dr. Falko Tappen | Karina Geissler | Meike Kirst
Professor für betriebsw. Steuerlehre an der Hochschule Worms, Steuerberater

In der digitalen Welt werden immer mehr Verbraucherdaten massenhaft zugänglich gemacht, aufbereitet, aggregiert und analysiert. Dies macht sich vor allem am Beispiel der Online-Werbung bemerkbar, bei der dem Nutzer schon nach wenigen Suchen individualisierte Werbung angezeigt wird.


 

Inhaltsverzeichnis
1. Die staatliche Verwaltung verweilt in der analogen Vergangenheit
2. Sind Endverbraucherdaten "klassisches" Entgelt?
3. Hohe Umsatzsteuernachforderungen drohen
 


Die staatliche Verwaltung verweilt in der analogen Vergangenheit

Entscheidender Ausgangspunkt ist das Sammeln und Auswerten von Nutzerdaten. Nutzerdaten kommt in einer digitalisierten Welt ein erheblicher Wert zu. Weite Kreise der staatlichen (Steuer-)verwaltung scheinen hingegen immer noch in der analogen Vergangenheit zu verweilen. Anders lässt sich nicht erklären, dass sich erst jetzt eine sich immer rasanter ausbreitende Fachdiskussion zur Behandlung des digitalen Geldes „Daten“ im Steuerrecht ihren Weg bahnt – und dies möglicherweise mit fatalen Folgen für viele Unternehmen im Bereich der elektronischen Dienstleistung.

Konkret geht es um die Frage der Umsatzbesteuerung sogenannter „kostenloser“ Internetdienste. [1] Die österreichische Politik hat sich dem Thema als eine der ersten Stellen direkt gewidmet. [2]

Erstaunlich ist, dass trotzdem vielfach bestritten wird, dass es bei „kostenlosen“ Internetdiensten zu einem Leistungsaustausch zwischen Internetdienstanbieter und Internetnutzer kommt.

 



Sind Endverbraucherdaten "klassisches" Entgelt?

Kernfrage ist, ob die Daten der Endverbraucher dem „klassischen“ Entgelt gleich zu stellen sind und somit zu einer steuerbaren Leistung führen. Basierend auf der ersten zivilrechtlichen Judikatur [3] wird nun auch steuerrechtlich vermehrt die Auffassung vertreten, dass die Leistung elektronischer Dienste gegen Nutzungsdaten zu einem steuerpflichtigen Leistungsaustausch führt. [4]

Gegen diesen profiskalischen Ansatz positionieren sich vermehrt Experten aus Beraterkreisen. Die Voraussetzungen eines steuerbaren Vorgangs seien nicht erfüllt, da der Anbieter die Daten nicht von bestimmten Kriterien abhängig macht (Qualitätsargument), sie nicht mehr als die Grundvoraussetzung zur Nutzung darstellten und überdies die Bewertung der Daten unmöglich sei (Evaluationsargument). Ferner sei die Umsatzbesteuerung dieser Ausgangsumsätze auf Endverbraucherebene unnötig und führe zu unsinnigen Ergebnissen. [5]

Im Grunde geht es um die wirtschaftliche Ausbeutung von Datenverwertungsrechten als Ergebnis von Tauschvorgängen im digitalen Bereich – vornehmlich im Internet. In der gegenwärtigen umsatzsteuer-lichen Praxis wird diese Ausbeutung oftmals schlicht ignoriert. Dabei ist die Qualität und Präzision der erhobenen Daten oftmals beeindruckend. Selbst die verwendete Hardware des Nutzers, der genaue Browsertyp und seine Version werden im Datenpaket zur Verfügung gestellt. Diese Daten sind – in Verbindung mit weiteren Metadaten – kommerziell äußerst wertvoll, erlauben sie doch statistische Rückschlüsse auf die Kaufkraft des Internetnutzers. So kann es vorkommen, dass Produkte einer be-stimmten Nutzergruppe teurer oder billiger angeboten werden als anderen Gruppen (sog. personal pricing).

Vor diesem Hintergrund verwundert es aus steuerrechtlicher Sicht, wenn namhafte Vertreter der Beraterszene mit Nachdruck die Steuerbarkeit des Tausches „digitale Leistung gegen Nutzerdaten“ bestreiten. Aber: Der EuGH sieht seit seiner Leitentscheidung in der Rechtsache Tolsma [6] nicht in allen Fällen wechselseitig erbrachter Leistungen den für einen Leistungsaustausch notwendigen Unmittelbarkeits-zusammenhang als gegeben an. Liegt wirklich ein Leistungsaustausch vor, oder vielmehr eine sog. Leistungsbeistellung?



Hohe Umsatzsteuernachforderungen drohen

Im Ergebnis drohen der digitalen Wirtschaft extrem hohe Umsatzsteuernachforderungen durch die Finanzverwaltung, sollte sich die Meinung des EuGH durchsetzen, dass wirklich „kostenlose Inter-netangebote“ die seltene Ausnahme darstellen. Dafür besteht eine nicht unerhebliche Gefahr. Man darf gespannt sein, wie die Fachdiskussion weitergeht und wie die Finanzverwaltung und Finanzgerichtsbarkeit dieses brisante Thema aufgreifen wird. Eine umsatzsteuerliche Überprüfung bestehender Vertriebswege und Marketingstrategien scheint auf jedem Fall angezeigt.


[1] Bejahend: Melan/Wecke DStR 2015, 2267 und 2811; Pfeiffer International VAT Monitor, May/June 2016, 158; ablehnend: Grambeck DStR 2016, 2026; ders. NWB 2016, 3931; Looks/Bergau MwStR 2016, 864; offen: Kußmaul/Naumann DB 2016, 2566 („Neue Denkanstöße“); Radeisen MwStR 2016, 875 („noch nicht abschließend geklärt“).
[2] Vgl. Melan/Pfeiffer, DStR 2017, S. 1072 ff. Plan A für Austria v. 11.1.2017, 37, abrufbar unter https://download.headroom.at/meinplana/planA.pdf.
[3] LG Berlin v. 19.11.2013 – 15 O 402/12, MMR 2014, 563 ff. = BeckRS 2013, 19972.
[4] Melan/Wecke: Umsatzsteuerpflicht von „kostenlosen“ Internetdiensten und Smartphone-Apps (DStR 2015, 2267)
[5] Vgl. Grambeck: Keine Umsatzsteuerpflicht bei kostenlosen Internetdiensten und Smart­phone-Apps (DStR 2016, 2026)
[6]
 EuGH v. 3.3.1994 – C-16/93, Tolsma, NJW 1994, 1941

 

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